Knorpelschäden
Gelenkknorpel ist eine spezielle Art von Knorpel, der durch eine besondere Anordnung von Kollagenfasern und wasserbindenden Substanzen gekennzeichnet ist. Intakter Gelenkknorpel überträgt die einwirkenden Kräfte gleichmäßig und erlaubt das Gleiten der gegeneinander bewegten Knochen bei äußerst niedriger Reibung. Leider hat Gelenkknorpel im wesentlichen nicht die Fähigkeit sich zu regenerieren. Verletzungen des Knorpels führen zu Defekten, welche sich günstigstenfalls mit Ersatzknorpel, sogenanntem Faserknorpel füllen, oder aber als Defekte in der ansonsten glatten Oberfläche verbleiben. Damit ist keine gleichmäßige Druckübertragung gewährleistet, was besonders an gewichtstragenden Gelenken wie dem Knie zu Sekundärschäden des umgebenden Knorpels führt. Abzugrenzen von solchen lokalisierten Knorpelschäden sind Verschleißerkrankungen des ganzen oder größerer Teile des Kniegelenkes, sogenannte Arthrosen. Ursachen solcher lokalisierten Knorpelschäden können einmalige Krafteinwirkungen sein oder wiederholte Mikroverletzungen, die zu additiven Schäden führen. Auch Durchblutungsstörungen des knorpeltragenden Knochens können dazu führen, dass lokale Defekte im Knorpel entstehen. Zumeist sind jüngere Menschen betroffen, häufiger Sportler, bei denen Überlastungen des Knorpels nicht selten sind. Im höheren Lebensalter findet man häufiger Arthrosen, wobei Übergänge zwischen beiden Formen von Knorpelschäden zu finden sind, da lokale Schäden natürlich im Laufe der Zeit in eine Arthrose münden können.
Das Ausmaß von Beschwerden ist sehr unterschiedlich, Schmerzen unter Belastung oder auch in Ruhephasen sind die führenden Symptome. Abgescherte Knorpelschuppen können im Gelenk eingeklemmt werden und zu Blockierungserscheinungen führen.
Untersuchungen
Es gibt keine speziellen Tests, die bei der körperlichen Untersuchung wegweisend sind. Meist lassen sich eher unspezifische Zeichen wie Schmerzen bei bestimmten Bewegungen oder Flüssigkeitsansammlungen im Gelenk feststellen. Röntgenaufnahmen können Knorpelschäden nur indirekt zeigen, da Knorpel nicht abgebildet wird. Am ehesten ist die Kernspintomographie geeignet, lokale Knorpelschäden zu festzustellen, allerdings mit Einschränkungen. Mitunter ist es erforderlich ein Kontrastmittel ins Kniegelenk zu injizieren um Knorpeldefekte sichtbar zu machen. Letztlich kann man insbesondere die Ausdehnung der Defekte häufig erst bei direkter Sicht durch eine Gelenkspiegelung bestimmen.
Behandlung
Da Gelenkknorpel wie eingangs erwähnt kaum heilt, ist die Behandlung entsprechend problematisch. Es gibt derzeit keine Verfahren die in der Lage sind, den Knorpelbelag bis hin zur natürlichen Mikrostruktur wiederherzustellen.
Ein Ansatz besteht darin, aus weniger belasteten Bereichen des Kniegelenkes Knochen-Knorpelzylinder variabler Größe zu entnehmen und in Defekte zu verpflanzen, die in der Hauptbelastungszone lokalisiert sind. Man bezeichnet diese Prozedur als "Osteochondralen Transfer" (OCT) oder auch als Mosaikplastik oder OATS.
Bei kleinen Defekten reicht ein einzelner Zylinder, häufiger jedoch muss man mehrere nebeneinander anordnen, um den Defekt ausreichend zu decken. Es erklärt sich von selbst, dass dieses Verfahren vor allem durch die Größe des Defektes limitiert ist, da nur begrenzt Knorpel aus anderen Bereichen gewonnen werden kann.
Während sich der eigentliche Gelenkknorpel nicht nachbildet, kann sich aber ein Faserknorpel-Regenerat entwickeln, welches den Defekt unter Umständen vollständig füllt. Faserknorpel ist wegen der ungerichteten Faseranordnung biomechanisch minderwertig im Vergleich zum eigentlichen Gelenkknorpel, kann aber einen funktionell ausreichenden Ersatz bilden. Daher wird mitunter bewusst der im Defektbereich liegende Knochen perforiert (sogenannte Mikro-Frakturen), um das Einwachsen von Stammzellen aus dem Knochenmark zu erleichtern und damit die Entwicklung des Faserknorpels zu fördern.
Seit einigen Jahren hat auch ein Verfahren in die klinische Praxis Einzug gehalten, bei dem versucht wird, durch Gewebeanzüchtung Knorpelmaterial zur Füllung des Defektes zu gewinnen. Man spricht von einer "Autologen Chrondrocyten-Transplantation (ACT)". Es gibt verschiedene Verfahren zur Vermehrung der Knorpelzellen außerhalb des Körpers mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen.
Allen gemeinsam ist, dass aus dem Gelenk Knorpelzellen entnommen werden müssen, um sie anschließend im Labor zu vermehren, und schließlich wieder ins Gelenk zurück zu verpflanzen. Das heißt, dass in jedem Falle zwei Operationen erforderlich sind, von denen die erste allerdings ein kleinerer arthroskopischer Eingriff ist. Im Idealfall wächst der Knorpel in den Defekt ein und restrukturiert sich. Das Verfahren ist noch unvollkommen und es ist ungewiss, ob eine dauerhafte Heilung des Knorpels eintritt. Daneben ist die Anzüchtung noch immer relativ teuer, so dass die Finanzierung durch den zuständigen Kostenträger problematisch sein kann.
Die ACT ist daher vor allem angebracht bei jüngeren Patienten, bei denen wegen der Defektausdehnung und -lokalisation andere Alternativen nicht in Frage kommen.
Eine zuverlässige Therapie von Knorpeldefekten ist noch nicht verfügbar. Alle oben genannten Verfahren sind eher im Sinne einer Schadensbegrenzung zu betrachten. Die ACT hat möglicherweise das Potential, in Zukunft eine wirkliche Wiederherstellung des Knorpelbelags zu ermöglichen. Oben genannte Eingriffe sind nur für lokalisierte Knorpeldefekte begrenzten Ausmaßes geeignet, ausgedehnte Knorpeldefekte im Sinne von Arthrosen erfordern andere Maßnahmen. Die optimale Therapie muss letztlich im Einzelfall entschieden werden.
Nachbehandlung
In der Regel ist es erforderlich, das betroffene Knie nach dem Eingriff für eine gewisse Zeit zu entlasten. Trotzdem wird natürlich Krankengymnastik notwendig, um die Beweglichkeit und Muskelfunktion zu erhalten.
Spätkomplikationen
Alle genannten Verfahren sind relativ jung und es mangelt an Langzeiterfahrungen. Es ist grundsätzlich nicht auszuschließen, dass die Schädigung des Knorpels trotz Operation weiter fortschreitet und weitere Eingriffe erforderlich werden.